Mittwoch, 18. April 2012

Driven crazy...

Huhu,


da bin ich wieder!
Ich wollte euch doch auf dem Laufenden halten. Na und da ich zurzeit zwischen Reisen und Uni-Kram nur so hin und her gerissen werde, ist schon wieder eine Woche vergangen.Wie schnell das geht! Hatte ich schon erwähnt? Noch 5 Wochen.

Soo, nun aber zur irischen Gruppenarbeit. Zur Erinnerung: Letzte Woche Mittwoch musste ich mit 2 Iren eine Präsentation über kulturelle Unterschiede in nonverbaler Kommunikation halten. Mail geschrieben und Treffen vorgeschlagen, eine Woche vergeblich auf Antwort gewartet, mich von der Erwartung möglicher Hilfe geschweige denn Antwort verabschiedet. Fein, irgendwie macht es das Ganze einfacher. Mach ich halt ne kleinere Präsi für mich allein. Präsi vorbereitet und am Dienstag beendet. Dienstagnacht erhalte ich folgende E-Mail: "Hey guys, how are ye?
Just wondering what time ye want to meet up tomorrow to put the presentation together?" Äähm...! Jaa... Hab ich da irgendwas VERPASST?! E-Mails, SMSs, irgendeine Art zwischenmenschlicher Kommunikation während der letzten ZWEI Wochen?! Wir sollten unser Referatsthema durchaus noch mal überdenken und eventuell mit verbaler Kommunikation beginnen anstatt uns direkt in eine Analyse der nonverbalen Kommunikationsdifferenzen zu stürzen... Ich muss jedenfalls sagen, meine zuvor noch ausgezeichnete Laune - just zurück von einem Hermitage Green-Konzert im Scholars - knickte LEICHT ein. Meine nicht gar so nette dafür aber (typisch deutsch) prompte Antwort, entlockte meiner Kommilitonin doch tatsächlich eine Entschuldigung: "Things have been pretty hectic with me". Hectic?! In Irland? Nun gut, Präsi geschickt und auch irgendwie - meine Gruppenmitglieder haben meine in die PowerPoint reinkopieren, unvorbereiteten Notizen vom Zettel abgelesen, äh runtergerattert - gehalten. Zu dritt! Wer hätt's gedacht, am Tag der Präsentation habe ich auch unser drittes Gruppenmitglied zu Gesicht bekommen! 

Bin ich zu erbsenzählerisch? ;)

Wenigstens ist unsere Tutorin nicht ganz dumm.
Ein kleiner Ausschnitt aus unserem Feedback, über den ich durchaus schmunzeln musste: "It appeared that some of you were more familiar with the data and its implications than others."

 
 Das führt mich zu einigen neuen Erkenntnissen:
  • In Irland werden die Präsentationen am Tag der Präsentation vorbereitet.
  • Vielleicht sind diese hier verbreiteten spontanen, intensiven aber äußerst kurzweiligen Lernaktionen der Grund dafür, dass Bücher in der hiesigen Bibliothek nur für 3 Stunden bzw. einen Tag verliehen werden. (Im Vergleich Hannover: 4 Wochen und 5-malige je 4-wöchige Verlängerungschance)
  • Die Iren kleiden sich nicht nach dem Wetter, sondern nach den Jahreszeiten. Als ich im Januar her kam, war es 10 Grad, jetzt drei Monate später ist es 10 Grad. Im Winter trugen alle Winterjacke, Mütze, Schal und Winterstiefel, jetzt tragen alle T-Shirt, kurze Hose oder Leggings und Flipflops. Nur nachts tragen die Frauen hier nach wie vor das gleiche: nahezu nichts. In jedem Fall, MEINE Winterjacke hat noch keine Sommerpause.
  • Die Gentlemänner sind nicht ausgestorben. Sie leben nur in Asien! 

Hier noch eine kleine Hilfestellung zu einer laid-back Lebenseinstellung (fotografiert im Hostel in Galway):
 

So, das nächste Mal gibt's ein paar Geschichtchen und Bilder von meinem Ausflug mit Po, Mel, Jordi und Charles nach Galway und zu den Aran Islands. Amazing trip! Vorher wartet eine Filmanalyse und am Freitag eine weitere Gruppenpräsentation auf mich. Ich halte mir den Freitagmorgen schon mal frei. ;) 

Die liebsten Grüße in die Heimat (nach der ich mich mittlerweile zumindest zeitweise doch arg sehne),
Eure Anja :-*



Samstag, 7. April 2012

Northern Ireland

Hallo ihr Lieben,

da bin ich wieder - zurückgekehrt aus dem Norden Irlands. Es war UNGLAUBLICH! Und wir hatten so ein Glück!
Mal davon abgesehen, dass sie einen dort oben horrende Summen für's Geldwechseln zahlen lassen, scheinen die Leute dort noch freundlicher und hilfsbereiter zu sein als im Süden Irlands. Busfahrer öffentlicher Busse erkundigen sich für uns nach der Hostel-Adresse und wechseln doch schnell mal ein klein wenig ihre Route, damit wir nicht so weit laufen müssen. (Kein Wunder, dass die irischen Busse zeitweise etwas spät dran sind oder gar nicht kommen.) Fußgänger bieten uns von sich aus an, uns den Weg zu zeigen. Autofahrer halten an, um uns zu fragen, ob wir Hilfe brauchen. Der Hostel-Besitzer telefoniert sich für uns auf der Suche nach dem besten Weg in den Norden die Finger wund... Nun gut, vielleicht schienen Mélanie und ich auch einfach ein wenig verwirrter und hilfsbedürftiger als im Süden. ;)

Am Dienstag ging es jedenfalls mit dem Bus um 8 morgens nach Dublin und von dort weitere 2,5 Stunden nach Belfast.


Kalt war es dort oben - SAUKALT um genau zu sein! Schneeregen!! Wir fanden das City Backpacker Hostel - eine richtig moderne, saubere, 100%-empfehlungswürdige Unterkunft -, zogen mehr oder weniger alles, was sich im Koffer befand, an und starteten eine kleine Tour entlang der Falls Road durch West-Belfast und den Nordirlandkonflikt. Das erinnert mich doch alles an den erst kürzlich gesehenen Film "Mickey-Bo & Me". Hier steht die Mauer noch! Und sie heißt ironischerweise "Peace Line". Na, Hauptsache, die Protestanten und Katholiken schlagen sich hier nicht die Köpfe ein...

Exkurs West-Belfast:
West-Belfast entstand rund um die Flachsmühlen, die im späten 19. Jh. den Grundstein für den Wohlstand der Stadt legten. Hier konnte man in den Arbeitervierteln günstig wohnen. Bereits zu viktorianischen Zeiten fand eine Trennung nach religiöser Pberzeugung statt. Der Ausbruch der Unruhen verhärtete nach 1968 die religiöse Kluft. Seit 1970 trennt eine Mauer, die ironischerweise "Peace Line" genannt wird, das loyalistisch-protestantische Shankill-Distrikt com republikanisch-katholischen Falls-Distrikt.





Äh ja, so richtig schlau wurden wir nicht aus der seltsamen Verkleidung. Bei Wind und Regen jedenfalls ziemlich unheimlich...



Nach fast 4 Stunden in Wind, Regen und Kälte zog es uns nur noch ins Hostel, zumal am nächsten Tag unser großer Antrim Coast Hike anstand. Glücksfall Nr. 1: Mélanie entdeckte das Angebot eines privaten Tourbuses Richtung Norden. Statt also öffentliche Verkehrsmittel zu nehmen, entschieden wir uns dafür, den Tourbus zum Giant's Causeway zu nehmen und in Bellintoy, wo wir unser Hostel für die nächste Nacht gebucht hatten, auszusteigen. Viel bequemer und vor allem viel mehr zu sehen. Glücksfall Nr. 2: Nach Schneeregen am Tag zuvor zeigte sich die Sonne! :) Wir konnten den ganzen Tag zu Schottland rüberblicken. Selbst der Busfahrer war ganz begeistert: "I love summer in Northern Ireland! It's my favourite day of the year." :D

Hafen am Castle Belfast
 



Der Busfahrer war dann jedoch leicht beleidigt, dass wir auf den Höhepunkt seiner Tour verzichteten und in Bellintoy ausstiegen. Er wusste ja gar nicht, was er alles verpasst! :) HUNGER!! Bevor wir uns auf den 17 km langen Weg von der berühmten Carrick-a-Rede Hängebrücke bis zum Giant's Causeway machen konnten, wollten wir rasch ein wenig Proviant einkaufen. Fehlanzeige. In Miniort Bellintoy gibt es keinen Shop. Der nächste Shop befand sich erst an unserem Ziel. Fein, also eine Brühe mit etwas Brot für 3,50 Pounds (= 4,40 €; alles andere unbezahlbar) im einzigen Restaurant weit und breit. Mehr oder weniger gesättigt und motiviert starteten wir unseren Causeway Coast Way. Lovely scenery...


Zwischen dem Festland und dem ersten Felsen befindet sich die 20 m lange schwankende Carrick-a-Rede Hängebrücke 30 m über tobendem Wasser von den Klippen zu der kleinen Insel Carrick-a-Rede. Weil ein Gang über die Brücke weitere 5 Pounds gekostet hätte und wir bereits leicht unter Zeitdruck waren, verzichteten wir auf das Abenteuer. Weiter ging's. So viel FARBE!







St. Gobban's Church, die kleinste Kirche Irlands

In meinem Leben habe ich noch nicht so viele Schafe gesehen wie die letzten Tage...









 Sandy beach so weit das Auge reicht.
White Park Bay
Aus eigener Erfahrung können wir nun sagen: Schafhörner sind von innen hohl und ziemlich leicht. :)




Dunseverick Castle
Ja, das da auf dem Felsen in der Mitte ist das Dunseverick Schloß. Zumindest die mageren Überreste. Ich nehme an, dass es im 16. Jahrhundert weitaus spektakulärer aussah.




Zu diesem Zeitpunkt - knapp 3,5 Stunden nach Aufbruch - dachten wir, der Giant's Causeway, unser großes Ziel, wäre nicht mehr weit. Fehlanzeige: Noch knappe 1,5 Stunden Fußmarsch. Puuh! Dafür wunderschöne Aussichten in alle Richtungen...




Eeeendlich! Geschafft! Nach knapp 5 Stunden Wandern schmecken die zwei Scones - neben ein paar Äpfeln unser einziger Proviant für den Tag - sowas von gut!! Nach all den schönen Aussichten, die wir den ganzen Tag schon genossen hatten, waren wir nicht mehr gar so überwältigt vom Giant's Causeway. Dennoch ist das Naturwunderwerk einige Fotos wert.


Exkurs Giant's Causeway
Der Sage nach türmte der irische Riese Finn McCool die Steine des Causeway auf, damit er das Meer überqueren und mit seinem schottischen Widersacher Benandonner, ebenfalls einem Riesen, kämpfen konnte. Als er den schlafenden Rivalen fand und sah, dass dieser viel größer war als er selbst, floh er kurzerhand zurück nach Irland. Kurz darauf hörte Finns Frau Soon den wütenden Benandonner über den Causeway rennen, verkleidete Finn schnell als Baby und legte ihn in eine Wiege. Als der schottische Riese an der Tür hämmerte, bat Soon ihn, ihr Baby nicht zu wecken. Benandonner schloss aus der Größe des Babys, dass Finn absolut riesig sein müsse, und floh nun seinerseits lieber zurück nach Schottland. Dabei ging der Causeway in die Brüche. Übrig blieben nur die beiden Enden: Giant's Causeway in Irland und die Insel Staffa in Schottland mit ähnlichen Felsformationen.


Wie es tatsächlich geschah:
Die Formation des Causeway bildete sich vor 60 Mio. Jahren, als sich eine dicke Schicht Basalt-LAva über ein Kalkbett ergoss. Beim langsamen Abkühlen von außen nach innen zog sich die Lavamasse zusammen und es entstanden Schrumpfungsrisse in dem für Basalt typischen sechseckigen Muster - ähnlich als ob Schlamm in einem austrocknenden See schrumpft und polygone Rissgitter bildet. Diese Risse setzten sich weiter ins Innere fort, bis die Lava erkaltet und erstarrt war. Durch Erosion wurde der Basalt langsam abgetragen und einzelne Teile brachen an den Kontraktionsrissen ab, dabei kamen vorwiegend sechseckige Säulen zum Vorschein.


 







Nächstes Ziel: ESSEN! Nächste Möglichkeit dazu: in Bushmills. Wir fragten kurzerhand im Giant's Causeway Hotel, wie lange es dauern würde, hinzulaufen. 1 Stunde! Unmöglich an dem Tag ohne Pause mit leerem Magen. Wir gönnten uns ein Taxi. ...und das:
verdient :)
Am nächsten Donnerstagmorgen ging's dann über Coleraine zurück nach Belfast. Dort hatten wir 4 Stunden, um noch mal die Innenstadt unsicher zu machen, Ben&Jerry's zu essen und die aktuelle Mode zu bewundern...

 



 Belfast hat einen Disney-Laden!! :)




Ursprünglich hatte ich vor, meine alten Klamotten hier zu lassen und mich in Irland neu einzukleiden. Hatte ich schon erwähnt, dass ich mich von dieser abstrusen Idee verabschiedet habe? ;)

Glücksfall Nr. 3: Unser Bus von Belfast nach Dublin hatte Verspätung, so dass Melanie und ich uns gedanklich schon davon verabschiedet hatten, den Bus nach Limerick am anderen Ende der Innenstadt noch passend zu erreichen. War nicht schlimm. Kaffeedurst haben wir immer. Wir gingen Richtung Station und da stand er noch, 15 Minuten verspätet aber voll. Wir bekamen eine Entschuldigung vom Busfahrer und ein freies Ticket für den nächsten Bus eine dreiviertel Stunde später. Juhu! :)

7,5 Stunden saßen wir am Donnerstag in verschiedenen Bussen und Zügen bis wir wieder in Limerick waren. Und da wartet nun leider ein Berg Arbeit auf uns...
Ich bin nämlich zurzeit ein bisschen mehr am Studieren. Die Essays sind zum Glück zum größten Teil abgehakt. Ich musste aber erfahren, dass Gruppenarbeit mit Iren ganz schön zu Lasten meiner deutschen Nerven geht. Scheinbar bin ich noch nicht laid-back genug... Jedenfalls werde ich eine Präsentation am Mittwoch wohl alleine halten müssen, weil sich meine Gruppenmitglieder einfach nicht melden. Mein Marketingprojekt läuft nicht so viel besser. Nachdem ich vier Wochen darauf gewartet habe, dass meine Kommilitonen mit ihrem Teil der Gruppenarbeit voran kommen, sagt eine Kommilitonin doch glatt: "You seem a bit stressed." Yes, I AM stressed!!
Deadlines dienen hier also nur dem guten Gefühl. Daran muss sich meine deutsche Pünktlichkeit einfach noch gewöhnen. Wie schaffen die Iren nur ihr Studium?! *Kopfschüttel* Vielleicht basteln die sich aber auch am Tag der Präsentation alles zusammen. Es bleibt spannend... ;)

Ich halt euch auf dem Laufenden.
Bis bald!

PS: Frohe Ostern euch allen! :)